Berlin, 11. Mai 2024

Amtsangemessene Alimentation; der VSB fragt nach!

amtsangemesseneTrotz der aktuellen Rechtsprechung, bereits aus 2020 konnte sich die Bundesregierung bisher nicht auf die Anpassung und Verabschiedung des Bundesbesoldungsanpassungsgesetztes einigen.

Vor dem Hintergrund der Zeitenwende sowie dem massiven Personalbedarf unserer Streitkräfte messen wir der amtsangemessenen Alimentation eine elementare Bedeutung zu. Schon mit unserer Personalkonzeption haben wir Vorschläge zu einer Anpassung der Besoldung dargelegt, welche auch dem hohen Qualifizierungsgrad unserer Soldaten und Soldatinnen Rechnung tragen soll. Die notwendigen, weitreichende Anpassungen blieben bisher aus.

Soldaten, Beamten und Richtern haben gemäß Art. 33 Absatz 5 des Grundgesetzes einen Anspruch auf eine amtsangemessene Alimentation. Dazu führt das Bundesverfassungsgericht (BVerG) in seiner aktuellen Rechtsprechung (2 BvL 4/18) vom 04. Mai 2020 wie folgt aus: „Das Alimentationsprinzip verpflichtet den Dienstherrn, Richter und Beamte sowie ihre Familien lebenslang angemessen zu alimentieren und ihnen nach ihrem Dienstrang, nach der mit ihrem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung der rechtsprechenden Gewalt und des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Damit wird der Bezug der Besoldung sowohl zu der Einkommens- und Ausgabensituation der Gesamtbevölkerung als auch zur Lage der Staatsfinanzen, das heißt zu der sich in der Situation der öffentlichen Haushalte ausdrückenden Leistungsfähigkeit des Dienstherrn, hergestellt. Richter und Beamte müssen über ein Nettoeinkommen verfügen, das ihre rechtliche und wirtschaftliche Sicherheit und Unabhängigkeit gewährleistet und ihnen und ihrer Familie über die Befriedigung der Grundbedürfnisse hinaus eine ihrem Amt angemessene Lebensführung ermöglicht.“

Gemäß seiner neuen Besoldungsdogmatik hat das Bundesverfassungsgericht eine Prüfprozedur entwickelt, anhand derer ein Besoldungssystem auf die Vereinbarkeit mit Art. 33 Abs. 5 GG hin überprüft werden kann. In seinen Beschlüssen führt das BVerfG konkrete Parameter ein, anhand derer ein Besoldungssystem aufgebaut werden muss. Als unterste „Haltelinie“ wird dabei die sogenannte Mindestalimentation eingeführt. Die muss gemäß dem Beschluss 2 BvL 4/18 mindestens 15% über dem Grundsicherungsniveau (Bürgergeld) liegen. Betrachtet wird hierin eine Musterfamilie, bestehend aus zwei Erwachsenen sowie zwei unterhaltspflichtigen Kindern, im Alleinverdiener-Modell (EStKl. 3). Die Mindestalimentation, die auch der untersten gültigen Besoldungsgruppe (A3, Stufe 1) gewährt werden muss, unterliegt dabei dem absolutem Alimentationsschutz, in den keine Einschnitte vorgenommen werden dürfen. Zur Ermittlung der realitätsgerechten Lebenshaltungskosten müssen für den Bundesbesoldungsrechtskreis die höchsten Kosten im Bundesland Bayern herangezogen werden. Für eine 4- köpfige Vergleichsfamilie ergibt sich daraus ein Grundsicherungsniveau von knapp 3800€ (Nettobetrag). Daraus abgeleitet ergibt sich eine Mindestalimentation von knapp 4350€ (Nettobetrag).

Aktuell wird einem Bundesbediensteten in der Besoldungsgruppe A3, Stufe 1 inkl. der Familienzuschläge eine Nettobesoldung von knapp 2862€ gewährt. Der Fehlbetrag zur Mindestalimentation beträgt damit fast 35% oder in absoluten Zahlen ausgedrückt knapp 1500€ im Monat (Nettobetrag). Aufgrund der Höhe des Fehlbetrages ist ersichtlich, dass die Mindestalimentation sich, auch wegen der Ämterwertigkeit, auf das gesamte Besoldungsgefüge auswirkt. Ein einfach zu handhabendes Instrument, um das Ausmaß der indiziellen Verletzung der Besoldungstabelle A bestimmen zu können, ist durch das Heranziehen des indiziellen Grundbesoldungsäquivalent gegeben. Für 2022 wurde das indizielle Grundbesoldungsäquivalent mit einer Höhe von 3949€ (Bruttobetrag) ermittelt und welches für 2024 voraussichtlich 4651€ (Bruttobetrag) beträgt. Das Grundbesoldungsäquivalent bezieht sich dabei auf die Grundbezüge ohne Familienzuschläge. Allein aus diesem Parameter ergibt sich eine indizielle Verletzung des Besoldungsgefüges bis in die Besoldungsgruppe A12. Erst Angehörige des höheren Dienstes, ab Besoldungsgruppe A13, liegen konstant oberhalb des indiziellen Grundbesoldungs-äquivalent. In dem Zusammenhang erweist sich die Besoldungstabelle A zu ca. 60% als indiziell verletzt und ist damit mit Art. 33 Abs. 5 GG nicht vereinbar. Bisher glänzt der Bundesbesoldungsgesetzgeber in Bezug auf die aktuelle Rechtsprechung des BVerfG zur amtsangemessenen Alimentation seit nunmehr 4 Jahre durch Untätigkeit. Bisweilen vernimmt man aus dem politischen Raum Äußerungen dahingehend „zu teuer, nicht umsetzbar“. Auch hierzu legt das Bundesverfassungsgericht in seiner aktuellen Rechtsprechung folgenden Grundsatz fest: „Ungeachtet der Verschärfung der Regeln für die Kreditaufnahme durch die Neufassung des Art. 109 Abs. 3 GG vermögen indes allein die Finanzlage der öffentlichen Haushalte oder das Ziel der Haushaltskonsolidierung den Grundsatz der amtsangemessenen Alimentierung nicht einzuschränken. Andernfalls liefe die Schutzfunktion des Art. 33 Abs. 5 GG ins Leere. Auch das besondere Treueverhältnis verpflichtet Richter und Staatsanwälte nicht dazu, stärker als andere zur Konsolidierung öffentlicher Haushalte. "Daraus lässt sich für Jedermann/-frau ablesen, dass sich der Bundesbesoldungsgesetzgeber seiner Umsetzungspflicht zur aktuellen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht entziehen kann oder darf. Um den Druck zur Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts auf den Bundesbesoldungsgesetzgeber zu erhöhen, empfiehlt es sich für jeden Soldaten, Beamten und Richter, jährlich wiederkehrend Widerspruch gegen die ihm/ihr gewährte Besoldung unter Beantragung einer amtsangemessenen Alimentation einzulegen. Der Bundesbesoldungsgesetzgeber hat zwar in einem Rundschreiben eingestanden, dass die aktuelle Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Auswirkungen auf die Bundesbesoldung hat und verzichtet diesbezüglich auf die Geltendmachung einer amtsangemessenen Alimentation durch Einlegung eines statthaften Rechtsbehelfs (Widerspruch), ein Rechtsanspruch auf Nachzahlung lässt daraus aber nicht ableiten. Sobald also mit dem nächsten Besoldungsgesetz wieder für eine amtsangemessene Alimentation gesorgt werden wird - der Gesetzgeber darf keine verfassungswidrigen Gesetze verabschieden, wird jeder Bundesbedienstete auf Grundlage jenes Gesetzes entsprechend jenem Gesetz entschädigt werden.

Nur wird eben dieses Gesetz nach derzeitiger Planung (BBVangG) nicht verfassungskonform sein, das aber behaupten. Es wird daraufhin eine große Anzahl an Bundesbediensteten keine oder allenfalls eine zu geringe Nachzahlung gewährt und damit deren Ansprüche als abgegolten betrachtet.

Der VSB wird weiterhin die Politik zum Sachstand zur Umsetzung des Gerichtsurteils befragen. Sollten Neuigkeiten aus dem politischen Raum zu hören sein werden wir entsprechend informieren.

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